Ausbilder mit Lehrling. Lehrling hat die VR-Brille auf.
Ausbilder Timo Potsch (rechts) gibt Anweisungen für den Umgang mit der Farbspritzpistole, den die Azubis dank Virtual Reality hautnah erleben, ohne einen Tropfen Farbe zu versprühen. Seit zwei Jahren kommt die VR-Brille bei der überbetrieblichen Ausbildung in der Bildungsakademie der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald zum Einsatz | © Handwerkskammer

Pressemitteilung vom 20.01.2023Bildungsakademie setzt VR-Brille bei der Ausbildung zum Fahrzeuglackierer ein

Spielerisches Lernen im virtuellen Raum

Digitalisiert wird überall. Im täglichen Leben genauso wie im Handwerk. Auch die handwerkliche Ausbildung profitiert von neuen Technologien. Ein Beispiel gibt es an der Bildungsakademie der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald. Dort gehört der Einsatz der VR-Brille schon seit zwei Jahren zum Standard bei der überbetrieblichen Ausbildung der Fahrzeuglackierer. Azubis tauchen mit ihr in digitale Welten ein und haben Lernerfolge auf spielerische Weise. "Die Technik begeistert junge Leute", sagt Ausbilder Timo Potsch. "Da sind alle gleich mit dabei."

Um den Spaß allein geht es aber nicht. Den haben die Lehrlinge zwar ganz offensichtlich, wenn ihre Gesichter hinter der klobigen Fassade der VR-Brille verschwinden und man als Außenstehender nur erahnen kann, welche Aufgabe sie mit ihren Bewegungen erfüllen. Doch die Technologie vermittelt in erster Linie Lerninhalte auf intuitive, praktisch nachvollziehbare Weise. Die digitale Welt, die die VR-Technologie um sie herum aufbaut, bringt ihnen den Umgang mit Gerätschaften und Bewegungsabläufen nahe. Farbe wird dabei nicht vergeudet. Trotzdem fühlt sich alles echt an. "Gerade zu Ausbildungsbeginn kommt es darauf an, erst einmal ein Gefühl für die Verwendung einer Farbspritzpistole zu bekommen", sagt Timo Potsch. "Es geht darum, die Pistole zu beherrschen, die Haptik zu erleben, ein Gefühl für die Farbverteilung zu entwickeln." Das Programm simuliert alles im Live-Erlebnis. Selbst Sprühgeräusche gehören dazu. Ganz so, wie es auch in Wirklichkeit der Fall wäre.

Rund 95.000,- Euro haben die beiden Farbspritzsimulatoren gekostet, die es an der Bildungsakademie in Mannheim-Wohlgelegen gibt. Dank 90-prozentiger Förderung aus dem Sonderprogramm zur Digitalisierung des Bundes ließ sich die Investition für die Handwerkskammer stemmen. Lohnend ist der Einsatz der VR-Brille nicht nur in lernpädagogischer Hinsicht. Ihre Verwendung ist nachhaltig, da nicht unnötig Farbe versprüht wird, gesundheitlich unbedenklich, da selbst beim Verzicht auf das Tragen einer Schutzmaske keine bedenklichen Dämpfe eingeatmet werden, und auch noch kostensparend, da weder teurer Lack noch Energie für den Betrieb der Lackierkabine gebraucht werden.

Dennoch ermöglicht die VR-Brille ein vielfältiges Erlebnis mit realitätsnahem Gefühl. Man kann verschiedene Lacktypen ausprobieren, zwischen zwölf Metallbauteilen mit schwer zugänglichen Flächen in konvexen und konkaven Ausführungen wählen, hat mehrere Spritzdüsen und Arbeitsdrücken zur Verfügung und die Möglichkeit, bis zu sechs Lackschichten aufzutragen und dabei die Ausführung bis zur tolerierten Dicke exakt zu begutachten. Das alles funktioniert bei freier Beweglichkeit im virtuellen Raum. Heißt: Man kann in 360-Grad-Bewegungen um alle Bauteile herumgehen und so Autotüren, Motorhauben, Kotflügel und Stoßstangen wie in Echt lackieren. Selbst die Arbeitsumgebung ist virtuell variabel: von der Baustelle bis zur Lackierstraße sind mehrere Szenarien einstellbar.

Auch wenn die VR-Technologie nur ein Baustein in der Lehre zum Fahrzeuglackierer ist, so bringt sie doch einen neuen Aspekt des Lernens ein. Drei Jahre dauert die Ausbildung und fordert jenseits des Beherrschens einer Farbspritzpistole viele weitere Kenntnisse, die von der Flächenbearbeitung über die Farbenlehre bis hin zur Instandsetzung von Fahrzeugen reichen. Auch die Montage und Demontage von Bauteilen oder das Messen und Prüfen der Funktion von elektrischen, elektronischen, pneumatischen und hydraulischen Bauteilen oder Systemen gehört zum Berufsbild. "Viel zu lernen", wie Ausbilder Timo Potsch zusammenfasst. Da kommt die VR-Brille mit ihrer Möglichkeit des spielerischen Wissensaufbaus gerade recht. Sie verbindet Können mit Spaß und stachelt nebenbei zu Bestleistungen an. "Wir haben da unsere Challenge", verrät Timo Potsch. Sein Highscore ist zu Beginn eines Ausbildungsjahres das Maß aller Dinge, der sich von den Azubis aber durchaus schlagen lässt, je versierter, schneller und genauer sie im Laufe der Zeit im virtuellen Lackierraum mit der Farbspritzpistole hantieren. Auch wenn der Ausbilder erst einmal ordentlich vorgelegt hat - der eine oder andere Lehrling hat am Ende dann doch die Nase vorn.

Informationen rund um Ausbildungsthemen im Handwerk gibt es auf der Website zur Ausbildungskampagne der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald auf www.handwerk-das-isses.de

Marina Litterscheidt

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