Prüfer im Handwerk: Ein Amt - viele Persönlichkeiten - Teil 1

In der ersten Ausgabe der Interviewreihe wurden die Fragen an Herrn Markus Kagermann gestellt. Der 40-jährige Mannheimer ist Vorsitzender im Meisterprüfungsausschuss für das Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk. Seit 13 Jahren ist er mit Leib und Seele als Prüfer tätig. Tief verbunden mit seiner Heimatstadt Mannheim ist für ihn das Ehrenamt als Prüfer eine der größten Würden im Handwerk.



Herr Kagermann, 2007 haben Sie Ihre Meisterprüfung erfolgreich abgelegt und sind im gleichen Jahr in den Meisterprüfungsausschuss berufen worden. Wie hat sich der damalige Rollenwechsel angefühlt?

Gewagt, bedeutend, interessant, abenteuerlich und ehrfürchtig könnten die ersten Emotionen treffend beschreiben. Unbehagen, Vorsicht und Besorgnis kamen erst etwas später auf. Mit dem Entschluss, „Meister“ zu werden, ändern sich zwangsläufig zahlreiche Blickwinkel, Denkmuster, Kompetenzen und Rollen im Leben. Da ich in diesem Zuge auch beruflich vom Kollegen zum Vorgesetzten wechseln durfte, fiel es mir - auch aufgrund der neu erworbenen Kompetenzen - aber trotzdem leicht. Außerdem hat mich der MPA von Beginn an sehr freundlich empfangen, gefordert und gefördert. So durfte ich bereits in der ersten Ausschusssitzung meine gemachten Erfahrungen mit der gelaufenen Meisterprüfung einbringen und Inspirationen für die nächste Prüfung und Aufgabenstellung liefern. Nach zwei weiteren Jahren als Beobachter durfte ich dann das erste Mal selbst eine Station einrichten, besetzen, prüfen und bewerten. In diesem Moment wird die Größe der übertragenen Verantwortung erst richtig bewusst. Mit den Jahren lernt man jedoch, die Aufgaben eher sachlich als emotional anzugehen, mithin mir auch heute noch bewusst ist, was eine Meisterprüfung für Anstrengungen und Entbehrungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit sich bringt.  

 Seit 2007 engagieren Sie sich als Prüfer und wurden am 01. Oktober 2020 gar zum Vorsitzenden dieses MPA’s berufen. Was bedeutet Ihnen dieses Amt?

Da ich bereits früh meine Leidenschaft zur Technik entdeckt hatte und nach einem  Schülerpraktikum als Gas-Wasser-Installateur die Marschrichtung feststand, ist es für mich persönlich der Ritterschlag schlechthin.

Vom orientierenden berufsgezogenen Praktikum über die klassische Ausbildung, Berufsausübung, Weiterbildung und Meisterprüfung in den Meisterprüfungsausschuss berufen zu werden und diesem dann noch vorzusitzen, ist wie der Blick vom Gipfel eines Berges hinab ins Tal bei Sonnenaufgang. Obwohl es nicht immer ganz einfach ist, einen solch großen Ausschuss, der überwiegend aus sehr erfahrenen und selbständigen Handwerksmeistern, Ausbildern und Sachverständigen besteht, erfolgreich zu führen. An meine persönlichen Grenzen stieß ich - wie wohl viele andere auch - bei der Durchführung der Meisterprüfung 2020 / 2021 unter den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie. Hierfür kann ich dem MPA und der Handwerkskammer eigentlich nicht genug für deren Zuversicht, Engagement, Mitarbeit und den Zusammenhalt danken. Unser aller Ziel bleibt es, sich weiterhin der Entwicklung und Gestaltung entlang den Interessen dieses wundervollen Berufes zu verschreiben.      

 Sie haben sich nach dem Gesellenbrief sieben Jahre Zeit gelassen, um Ihren Meister zu machen. Würden Sie das heute wieder so machen?

Mit dem Wissen von heute - in jedem Fall. Zur damaligen Zeit blieb mir aber erst einmal gar nichts anderes übrig, da die entsprechende Rechtslage eine mindestens 5 Jahre lange Berufsausübungserfahrung als Zulassungsvoraussetzung vorsah. Dieses ist heute (leider) nicht mehr notwendig, insofern der Gesellenberuf mit dem Meisterberuf übereinstimmt.

Ich beobachte aber, dass die Prüflinge mit mehr handwerklicher Erfahrung im praktischen Teil folgerichtig hochwertigere Prüfungsergebnisse liefern und in den persönlich sozialen Kompetenzen etwas gefestigter sind. Andererseits fällt es Prüfungsteilnehmer/-innen, die sich nach der Gesellenprüfung noch voll im Workflow befinden, etwas einfacher, die computergestützten fachtheoretischen Anforderungen zu erfüllen. Es bleibt eine Gratwanderung aus Tradition und Moderne.

 Welche Chancen sehen Sie durch die Digitalisierung für das Prüfungswesen und die Meistervorbereitung?

Das Modell der digitalen Arbeit ist weiter auf dem Vormarsch und gewinnt immer mehr Anhänger. Sowohl in unserer Branche als auch in unserem Prüfungsausschuss müssen wir die schnelllebigen Anforderungen an die Gegenwart anpassen und weiterentwickeln. Dieses Vorgehen ist von immenser Bedeutung für das erfolgreiche Bestehen auf dem Markt. Einen weiteren Schritt nach vorne bringt uns die zunehmende Vernetzung der Prüfer/-innen aus verschiedenen Ausschüssen und den verschiedenen Handwerkskammern, um dort Erfahrungen und Informationen auszutauschen. Dies war gerade in der durch die Corona-Pandemie beeinflussten, vergangenen Prüfungen ein entscheidender Faktor zur Durchführung des in Baden-Württemberg vereinheitlichten Teils II unserer Meisterprüfung.

 Welchen Rat haben Sie an alle angehenden Meisterinnen und Meistern?

Der Meisterbrief ist der höchste Abschluss, den man im deutschen Handwerk erreichen kann. Um Ihn zu erlangen, müssen Anwärter/-innen zwar einiges investieren, aber der Status bietet auch viele Vorteile. Daher wäre mein Rat, sich bereits im Vorfeld dieser Entscheidung bewusst zu sein, seinem eigenen Können zu vertrauen, trotz aller Anstrengungen durchzuhalten und am Ende stolz auf die eigene Leistung zu sein. Durch die erworbenen Qualifikationen steht allen Meister/-innen der Weg in eine Führungsposition, ein Studium oder in die Selbständigkeit offen. Ich wünsche Ihnen allen dabei viel Erfolg.

Vielen Dank für das Interview, Herr Kagermann. Bleiben Sie gesund.

Kontakt

Alexander Dirks

Leiter Geschäftsbereich Meisterprüfung

Tel. 0621 18002-140

Fax 0621 18002-3140

alexander.dirks--at--hwk-mannheim.de

Benedikt Sand

Tel. 0621 18002-190

Fax 0621 18002-3190

benedikt.sand--at--hwk-mannheim.de